
Weil es so schön war, habe ich beschlossen, mal wieder eine 10-Minuten-Schreibchallenge zu machen. Das lüftet das Gehirn so wunderbar. Flugs mal den Zufallswort-Generator bemüht und welchen Begriff spuckt er aus? Dessert.
Zugegeben, die Radieschen vom Titelbild passen nicht dazu, aber anderes Essen habe ich nicht gemalt – oder doch, habe ich! Aber dafür muss ich auf den Hochboden klettern, das tue ich nicht. Dann mal los. 10 Minuten und danach sofort die Tasten loslassen.
Jetzt fühle ich mich gehetzt, weil ich weiß, dass ich nicht so schnell schreiben kann, wie ich wahrscheinlich wollen werde. Daher schickt mir mein Gehirn gehetzte Bilder.
Zabaione!
Was habe ich mit Zabaione zu tun? Die habe ich nur einmal gegessen und habe keine Ahnung mehr, was es ist. Mir sind nur noch 3 Dinge in Erinnerung: Hell, lecker und wird direkt am Tisch zubereitet, jedenfalls in meinem Fall.
Dessert im gedimmten Licht
Ich erinnere mich an ein Restaurant mit gedimmtem Licht, dunkelrotem Samt und an meine Bewunderung dafür, wie ein Kellner virtuos mit Metallschüsseln, Feuer und Schneebesen neben unserem Tisch hantierte. Ich glaube, er hat Eier aufgeschlagen, richtig? Und etwas flambiert, das hat mich schwer beeindruckt – ich muss jung gewesen sein und das WWW gab es da noch gar nicht.
Dinge, die man noch nie erlebt hat, und von denen man vorher kein Video gesehen hat und nachher auch keins sehen kann, sind beeindruckend, buchstäblich. Sie gehen unter die Haut, sie gehen in die Haut rein und bleiben da als Erfahrung.
Schon auch erstaunlich, dass der Geschmack keine Rolle spielt. Darum geht es doch beim Restaurantbesuch. Und nicht darum, zu sagen, „für mich ein Wasser bitte“ und dann dem Kellner zuzuschauen.
Darf man „Kellner“ sagen, ist das noch das richtige Wort? Manchmal stocke ich erschrocken.
Ich schätze mal, in diesem Dessert ist Vanille drin. Oder verleitet mich nur die erinnerte helle Farbe, das zu denken? Vanille ist unschlagbar. Manche Leute wollen ja so exotische Eissorten, aber ich brauche wenn, dann nur Vanille. Und Waldmeister! Eis, das ist das Stichwort, Sorbet ist auch ein Nachtisch. Ich könnte allerdings bei dem Begriff „Dessert“ auch mal sagen, was das überhaupt ist. Das ist das kleine Süße am Schluss nach dem großen Salzigen. Fertig.
Essen verstehen durch Anordnung auf dem Kompass
Wie schön schnell man Dinge versteht, wenn man sich mal eben das Gegenteil vorstellt, nicht? Aber süß-salzig ist mir zu wenig, ich stelle mir lieber einen Kompass vor, da ist Zabaione im Süden und salziger Lachsfisch im Norden. Doch was ist im Osten und im Westen? Die chinesische Ernährungslehre sagt es uns, im Osten könnte die Zitrone sein und im Westen der Pfeffer oder Chili vielleicht.
Ich frage mich immer noch, wie alt ich da war und wo ich da war, bei dieser Zabaionesache, ich weiß nicht einmal mehr die Stadt und was wirklich fatal ist – auch nicht, mit wem ich unterwegs war. Nur das dunkle Rot ist noch da – das war nobel, jedenfalls damals – und dieses aufregende Flambieren.
So, und der gute alte Kaiserschmarrn fällt mir noch ein, das Dunkelrot hat mich an ein österreichisches Restaurant in Kreuzberg erinnert, da ist die Atmosphäre ähnlich. Kaiserschmarrn gab es außerdem früher bei den Skifreizeiten mit der Schulklasse. Ein Hochgenuss!
Zeit ist um!

Meine kurze Recherche hat ergeben, dass es sich um Weinschaumcreme handelt, was bedeutet, dass sie auf dem Kompass südöstlicher liegt, wenn nicht sogar fast im Osten anzusiedeln ist, mehr Richtung Zitrone. Und flambiert wird nichts. Überhaupt nichts. Das hat sich wohl doch am Nebentisch ereignet, was ja auch erklären würde, warum ich mich nicht an den Geschmack erinnere.
Ach nein, jetzt, wo ich ein Video sehe, fällt es mir wieder ein: Die Flammen waren nicht obendrauf, sondern untendrunter, unter den Metallschüsseln im Wasserbad. Den Ort und meine Begleitung werde ich wohl nicht mehr ermitteln. Oder soll ich rumfragen:
Erinnert sich jemand, vor der Jahrtausendwende mit mir an einem Ort in einem Restaurant Zabaione gegessen zu haben?