Meine drei Führerscheinprüfungen
Ja, das mit dem Autofahren … . Fangen wir mal so an: Kontemplation ist toll. Wenn man sich friedlich und zuversichtlich fühlt, kriegt man mehr mit und kann dann viel bessere Entscheidungen treffen. Diesen wunderbaren Zustand habe ich allerdings nur selten beim Autofahren erlebt. Jedenfalls nicht dann, wenn ich selbst am Steuer saß.
Statt dessen sitzen immer die Evil Twins neben mir. Sie heißen Übervorsicht und Sorglosigkeit und sind einzeln noch halbwegs okay. Als Team haben sie jedoch nur ein Ziel: Chaos stiften. Und zwar eine Art von Chaos, die eindeutig in die von mir sehr geschätzte Rubrik „Anti-Selbstoptimierung“ gehört. So, los geht’s.
Prüfung Nr. 1
Meine erste Führerscheinprüfung war richtig klasse. Jedenfalls die ersten fünfundvierzig Minuten. Autobahn, Regen, Müllauto vor der Nase bei durchgezogener Linie – es war alles dabei und es lief wie am Schnürchen. Als wir fast wieder bei der Fahrschule angekommen waren, ordnete ich mich falsch ein. So falsch, dass ich hier nicht weiter ins Detail gehen kann, geht nicht.
Die schöne Stimmung war futsch. Selbst als ich gnädig ein zweites Mal um den Block geschickt wurde, machte ich es wieder falsch. Warum? Keine Ahnung. Wirklich, keine Ahnung, was mich da geritten hat.
Wobei, eben genau das ist es ja, was beim Fahren nicht passieren sollte: Keine Ahnung zu haben, was einen da reitet.
Prüfung Nr. 2
Die nächste Prüfung hat drei Minuten gedauert. Zutaten:
- Anfahren (mit Schaltung) an steilem Hang
- blendende Morgensonne
- eine Nachts zuvor errichtete Baustelle – unsichtbar vor riesigem, stehendem Reisebus
Bremslichter nicht gesehen – Blinker zum Überholen gesetzt – Ende der Prüfung.
Dem Prüfer tat das total leid, er sagte, das sei eine ganz seltene Situation. Solche tauchten nur einmal in zehn Jahren auf.
Oje!
Zur Erholung jetzt ein schöner Flug-Traum von neulich
Da flog ich am Sicherheitscheck aus einem Flughafen heraus – hinweg über die Köpfe einer großen Gruppe entgegenkommender Diplomaten und dann hoch in die Lüfte. Ich wollte meine Freunde einholen, die waren schon vor mir in einem Einkaufswagen weg geflogen.
Um es auch in den Einkaufswagen hinein zu schaffen, musste ich ziemlich schnell fliegen und dann geschickt navigieren. Meine Freunde steuerten mir konzentriert entgegen, als ich auf ihrer Höhe war. Es hat alles super geklappt und wir sind dann zusammen über den Himmel abgezischt.
So im Nachhinein stellt sich mir die Frage, wohin wir mit dem Einkaufswagen eigentlich unterwegs waren. Und auch noch so eilig. – Zur Kasse ja wohl nicht! Oder doch?
Prüfung Nr. 3
Die dritte Prüfung war mit Abstand die abwechslungsreichste. Dass auch diese Prüfung über eine Stunde gedauert hat, lag vor allem daran, dass ich zum Auftakt auf eine andere Autobahn eingebogen bin, als der Prüfer wollte. Entweder habe ich die Hinweisschilder übersehen, sie falsch interpretiert oder nicht ernst genommen. Oder alles auf einmal.
Ferner muss ich zwei rote Ampeln überfahren haben. Die erste befand sich auf einer komplett leeren Bundesstraße. Außer mir war niemand da und die Ampel hing so dermaßen weit oben in der Luft, dass ich sie gar nicht mehr als zum Straßenverkehr zugehörig empfunden habe. Da waren auch keine Kreuzungen – zumindest sind mir keine aufgefallen. In flottem Tempo sah ich die Ampel noch aus dem Sichtfeld meines Rückspiegels wegfliegen, als mich Fahrlehrer und Prüfer über mein Versäumnis unterrichteten.
Die zweite Ampel
An einer T-Kreuzung leuchtete von Ferne ein Stoppschild. Mir war bekannt, wie ich mich verhalten musste: Anhalten, 21, 22, 23 zählen – nicht laut! – und dann erst fahren. Habe ich gemacht.
Die gezählten Sekunden waren vorbei, aber mein Fahrlehrer rutschte verkrampft auf dem Sitz herum.
Etwas war falsch.
Aus Erfahrung klug geworden sah ich in den Rückspiegel und wurde auf eine weitere Ampel aufmerksam. Daran musste ich vorbeigefahren sein und so wie der Fahrlehrer sich gebärdete, war sie auch rot gewesen.
Da wir praktischerweise an einem Hang standen und niemand hinter uns war, lockerte ich die Bremsen und ließ mich unauffällig rückwärts rollen. Solange, bis ich vor der Ampel stand. Ich wartete, bis es wieder grün wurde und wiederholte die Stoppschild-Arie. Ein unglaublicher Affenzirkus auf fast leerer Straße. Das alles fand in völliger Stille und unter äußerster Spannung statt.
„Dann nehmen Sie ihn in Gottes Namen“ …
… waren die Worte des Prüfers, als er mir den Führerschein nach Aufzählung sämtlicher Verfehlungen zu meiner großen Freude übergab.
Frische Fahrstunde in Berlin
Da ich den Gott, in dessen Namen ich den Führerschein bekommen hatte, nicht unnötig strapazieren wollte, fuhr ich einfach kaum Auto. Neulich habe ich mal wieder eine Fahrstunde genommen, damit die Grundkenntnisse nicht verblassen.
Der Berliner Fahrlehrer war klasse. Er hieß Paul und hatte einen alten weißen Mercedes, so einen richtigen Schlitten, supercooles Auslaufmodell. Natürlich habe ich Paul sofort von den Evil Twins erzählt.
Er deutete auf die Autos um uns herum und sagte: „Guck doch mal, wie die fahren! Die Hälfte von denen hat nicht mal einen Führerschein.“ Der Pep Talk wirkte und die Fahrt wurde richtig fluffig. Nur auf den Kreuzungen – und auch allgemein – befürchtete ich, zu lange zu fackeln. Ich wollte den Fluss nicht aufhalten.
„Es gibt keinen Fluss mehr“, sagte Paul kategorisch.
Auch dieser Spruch wirkte hervorragend. Paul meinte nachher, ich wäre super gefahren, lediglich viel zu schnell. Eine Prüfung hätte ich nur deshalb nicht bestanden, weil ich wegen überhöhtem Tempo den Bordstein in einer Kurve überfahren habe.
Ja, gut, aber irgendwo ist das Tempo auch der Grund, weswegen ich Auto fahre und nicht Fahrrad, oder?!
Chaos stiften mit System
Na, immerhin habe ich im Gegensatz zu anderen Leuten nie absichtlich schwierige Situationen herbeigeführt. Zum Beispiel habe ich noch nie auf der Autobahn das Steuerrad mit den Knien bedient, um mit den freien Händen einen Schokoriegel zu entpacken. Auch habe ich beim Tanken nie die brennende Zigarette im Mundwinkel vergessen, noch jemals Auffahrunfälle verursacht, weil ich Sonnenuntergänge im Rückspiegel bewundert habe.
Mhm, hat’s alles schon gegeben.
Mir fällt gerade auf, dass die Übervorsicht jetzt gar nicht richtig zur Geltung gekommen ist. Aber sie war da. Die ganze Zeit. Ich glaube, dieses verdeckte Wirken, das macht sie erst so richtig evil.
°°°
Und zum Schluss jetzt noch was Gutes: Das Einparken hat immer perfekt geklappt. Love it! Wobei ich finde, dass es in Prüfung Nr. 3 total Banane war, mich auch noch einparken zu lassen, das hat sich doch gar nicht mehr gelohnt. Aber ist nett.